Zerstörerischer Rausch

Mozarts Don Giovanni auf der Bühne der Theaterfabrik Blaue Halle
Don Giovanni fasziniert bis heute wie kaum ein anderes Bühnenwerk. Schon Mozarts erster Biograph Franz Xaver Niemetschek nannte Don Giovanni „das größte Meisterstück seines Genies“, der Dichterkomponist E. T. A. Hoffmann krönte ihn 1813 zur „Oper aller Opern“. Ab dem 4. Februar ist „der bestrafte Wüstling“ in einer Neuinszenierung zu erleben.

1630 hatte der spanische Dramatiker Tirso de Molina (1571–1648) mit seinem Burlador de Sevilla den Don Juan erstmals als Komödie gestaltet. Die Ahnenreihe der weiteren Adaptionen des Stoffes reicht von Molières Don Juan (1665) über die „dramatischen Szenen“ Nikolaus Lenaus (1843/44) bis hin zu Max Frischs Parodie Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie aus dem Jahr 1952, um nur drei bedeutsame Stationen zu nennen. Doch einzig in der Interpretation Wolfgang Amadeus Mozarts und seines kongenialen Librettisten Lorenzo Da Ponte geriet die Figur wahrhaftig zu einem Mythos der Neuzeit.

DER PLOT
Don Giovanni wird nach einem Verführungsversuch bei Donna Anna in einen Zweikampf mit ihrem Vater verwickelt, in dessen Verlauf er den Komtur tötet. Vom Pech verfolgt, begegnen er und sein Diener Leporello anschließend der von Giovanni betrogenen Donna Elvira. Endet schon diese Begegnung mit einer Niederlage Giovannis, vereitelt Elvira auch seinen nächsten Verführungsversuch bei der jungen Braut Zerlina. Als Donna Anna in ihm den Mörder ihres Vaters zu erkennen glaubt, zieht sich die Schlinge um Giovannis Hals immer enger, bis schließlich die Statue des Komturs selbst vor seiner Tür erscheint.

ENTSTEHUNGSGESCHICHTE
Nach dem Erfolg der Prager Aufführungen der Hochzeit des Figaro Anfang 1787 erhielten Mozart und Da Ponte den Auftrag zu einer weiteren Oper für die kommende Saison, wobei der Librettist sich selbst später das Verdienst zuschrieb, die Wahl des Stoffes getroffen zu haben. Unmittelbares Vorbild für ihr neues Bühnenwerk wurde das im Februar 1787 in Venedig uraufgeführte Dramma giocoso Don Giovanni o sia Il convitato di pietra (Don Giovanni oder Der steinerne Gast) von Giovanni Bertati und Giuseppe Gazzaniga. Doch schon die erste Version von Mozarts und Da Pontes Il dissoluto punito ossia Il Don Giovanni (Der bestrafte Wüstling oder Der Don Giovanni), die am 29. Oktober 1787 in Prag das Licht der Bühnenwelt erblickte, ging in ihrer psychologischen Figurenzeichnung weit über das venezianische Vorbild hinaus. Das gilt erst recht für die sogenannte Wiener Fassung vom Frühsommer 1788, für die Mozart und Da Ponte zahlreiche Änderungen an Libretto und Partitur – insbesondere des 2. Aktes – vornahmen: Nicht die durchaus auch heiter zu lesende Einladung der Statue des ermordeten Komturs zum Abendessen steht bei ihnen im Zentrum des Interesses, sondern die Spuren, die der zerstörerische Rausch, der Taumel der Begegnungen mit dem Wüstling und seine mal brutalen, mal schmeichelnden Verführungsversuche bei den übrigen Figuren hinterlässt –
die Herren eingeschlossen.

INSZENIERUNG UND TEAM
Die Würzburger Neuinszenierung in der Regie von Intendant Markus Trabusch und in der Ausstattung von Bühnen- und Kostümbildner Marcel Keller folgt in ihrer Lesart wesentlich dieser sogenannten Wiener Fassung des Don Giovanni. Als Interpret der Titelpartie ist der junge südkoreanische Bariton Leo Hyunho Kim zu erleben, seit Beginn der Spielzeit im Würzburger Opernensemble. Die weiteren Hauptrollen sind mit Silke Evers (Donna Anna), Vero Miller (Donna Elvira), Milena Arsovska (Zerlina) und Roberto Ortiz (Don Ottavio) ebenfalls mit Ensemblekräften besetzt. Als Giovannis Diener Leporello ist erstmals der kasachische Bassbariton Tair Tazhi am Mainfranken Theater zu Gast. Die musikalische Gesamtleitung liegt in den Händen des ersten Kapellmeisters Gábor Hontvári.
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